Die Autorin:
Christina Bartel ist Jungautorin aus Berlin. Ihren Debütroman
„Sie träumte von Liebe“ begann sie nach dem Tod ihres geliebten
Großvaters zu schreiben – ihre Art der Trauerbewältigung. Was zunächst
als harmloses Gekritzel begann, wurde nach Jahren der Überarbeitung zu einem
dramatischen Schicksalsroman, in dem die junge Joan ihr Leben versucht zu
meistern. Der Roman spiegelt das alltägliche Leben wieder, seine Höhen und
Tiefen in all seinen Formen.
Seit Juli 2012 gibt es auch das E-Book bei Amazon.
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Leseprobe:
1. Kapitel „Sie träumte von Liebe“
Der leuchtend, weiße Mond stand hoch am Himmel über Los Angeles, Kaliforniern. Eine sternenklare Januarnacht neigte sich ihrem Ende zu. In wenigen Stunden würde die Sonne am Horizont aufgehen und den neuen Tag willkommen heißen.
In dieser wunderschönen Nacht folgten Steve und Joan in ihrem
blauen Cabriolet dem Pacific Coast Highway, der kilometerlangen, kurvenreichen
Küstenstrasse entlang des Pacific. Die meterhohen Felsen der Santa Monica
Mountains auf der einen, der atemberaubende Blick auf den Ozean auf der anderen
Seite.
Um drei Uhr in der Früh hatten sie die Party ihres gemeinsamen
Freundes Tony verlassen und befanden sich inzwischen auf dem Rückweg von
Ventura nach Los Angeles, wo sie ein neuer Studientag an der University of California at Los Angeles
erwartete. Während Joan Ende des Monats das fünfte Semester ihres
Marketingstudiums beendete, würde Steve im Sommer seinen Abschluss in Medizin
machen.
Der kühle Januarwind wehte durch das heruntergekurbelte Fenster der
Fahrerseite herein, wobei Joans lange, blonde Haare bei jedem Windzug
flatterten. Sie hatte ihren Kopf gegen die Scheibe des Seitenfensters gelehnt,
die Augen geschlossen und lauschte der Musik.
„Der Song ist Klasse“, sagte Steve und drehte das Radio
lauter. Vergnügt stimmte er in das Lied ein. Lächelnd sah Joan ihren Freund an
und obwohl sie den Text nicht einwandfrei konnte, begann sie ebenfalls zu
singen.
„Your Beautiful! Your
Beautiful!”, sangen sie albern zu der lauten Musik und zum
ersten Mal seit langer Zeit war Joan einfach nur glücklich. Die Anspannung, das
Einsiedlerleben der vergangenen Monate fiel erstmals von ihren Schultern. Seit
zwei Jahren kannten Steve und sie sich und vor eineinhalb Jahren waren sie als
Paar in eine der Studentenbuden auf dem Campus gezogen. Obwohl Joan immer
häufiger die Decke auf den Kopf fiel, was daran lag, dass Steve sich im letzten
Studienjahr fast ausschließlich für seine Bücher zu interessieren schien,
liebte sie ihn nach wie vor. Erst in der Neujahrsnacht vor einer Woche hatten
sie gemeinsame Pläne für das neue Jahr geschmiedet. Es gab keine Zweifel daran,
dass Steve sein Medizinstudium im Sommer bestand und wer wusste schon, was
diesem jungen Mann wirklich im Kopf herumging? Er hatte immer gesagt, eine
Hochzeit käme für ihn erst nach dem Studium in Frage, erinnerte Joan sich in
diesen Minuten lächelnd...
„Ist der irre?“, rief Steve plötzlich inmitten der
lauten Musik und stieg augenblicklich auf die Bremsen, als die grellen
Scheinwerfer des entgegenkommenden Autos ihnen direkt in die Augen strahlten.
Mit hoher Geschwindigkeit hielt das Auto auf ihrer Spur auf sie zu. Reifen
quietschten, hinterließen schwarze Bremsspuren auf dem Asphalt. Steve riss das
Lenkrad herum, doch in dem Moment änderte das andere Auto ebenfalls die
Richtung und sie stießen mit voller Wucht zusammen. Die Motorhaube verschob
sich in den Innenraum, quetschte ihre Körper ein. Wie Stoffpuppen wurden sie
vor- und zurückgeschleudert, als ihr Auto auf Steves Seite gegen die Felsen
krachte. Binnen Sekunden verloren sie die Besinnung.
Wo eben noch laute Musik zu hören gewesen war, herrschte nun eisige
Stille. Wie ein Schleier hing die Ruhe über den Fahrzeugen. Es verging eine
Viertelstunde, ehe ein Auto die Strasse entlanggefahren kam. Den beiden männlichen
Insassen bot sich ein schreckliches Bild. Die Unfallwagen waren übel ineinander
verkeilt, überall lagen Glassplitter und Teile der Autos herum.
Ohne Zögern sprangen beide Männer aus ihrem Fahrzeug und rannten zu
dem näher liegenden Unfallwagen, einem Jeep, in dem ein etwa vierzigjähriger
Mann eingeklemmt hinter dem Steuer saß. Aus tiefen Platzwunden in seinem
Gesicht rann Blut heraus, die Augen standen weit offen. Vermutlich war die
merkwürdige Verrenkung des Kopfes Schuld an seinem Tod.
„Dem können wir nicht mehr helfen“, sagte der Eine,
nachdem er zur Sicherheit nach dem Puls des Verletzten gefühlt hatte. Derweil
hatte sein Freund den Rettungsdienst informiert.
Eilig liefen sie um den Jeep herum, um nach den Insassen des
zweiten Wagens zu sehen, doch das Gewirr von Blech war so schwer
ineinanderverkeilt, dass die Männer an keine der Autotüren gelangen konnten.
„Die hat es arg erwischt“, sagte der Mann, der bereits
nach dem Puls des Toten getastet hatte, als er im Schein der Scheinwerfer ihres
eigenen Autos aus einigen Metern ins Wageninnere blickte und Steve in einem
fürchterlichen Zustand über dem Lenkrad gebeugt liegen sah. Aus dessen Gesicht
klafften tiefe Wunden. Joan dagegen hing seitlich in ihrem Sitz. Sie war sowohl
von der rechten Autoseite als auch von der Motorhaube eingequetscht, die sich
durch den Aufprall auf die Felsen in den Innenraum verschoben hatte.
„Denkst du, sie leben noch?“ Beide Männer starrten auf
die zwei jungen Menschen.
Sein Freund zuckte mit den Schultern. „Sieht nicht gut
aus...“
In dem Moment hörten sie Sirenengeheul näherkommen und innerhalb weniger
Minuten hielten Krankenwagen und Polizei. Augenblicke später traf auch die
Feuerwehr ein. Während die Polizisten die Männer befragten, die den Unfall
gemeldet hatten, rannten die Sanitäter und der Notarzt zu den Unfallautos, um
sich ein Bild von den Verletzungen der Insassen zu machen und bestätigten den
Tod des Jeepfahrers.
„Von hier aus kommen sie nicht heran. Wir müssen erst den
Jeep wegschaffen“, sagte der Leiter der Feuerwehr zum Notarzt und gab
seinen Leuten ein Handzeichen.
Der Notarzt nickte. „Denken Sie, die Motorhaube hält mir
stand?“
„Was schlagen Sie vor?“
„Wenn es mir gelingt nach dem Puls der beiden zu fühlen, kann
ich Ihnen sagen, wie schnell Sie arbeiten müssen“, erklärte der Notarzt
nüchtern.
„In Ordnung, aber sobald sich das Auto nur ein Stück rührt,
kommen Sie sofort zurück“, sagte der Leiter der Feuerwehr im bestimmenden
Ton, da er aus Erfahrung wusste, dass die kleinste Erschütterung den Zustand
der Verletzten verschlimmern konnte. Noch waren sie sich nicht darüber im
Bilde, wie schwer die beiden eingequetscht waren. Sie konnten gravierende
Beinquetschungen oder Arterienverletzungen davongetragen haben, sodass sie
innerhalb von Minuten verbluten würden, wenn sich der Druck veränderte.
Während die Feuerwehrmänner mit schwerem Geschütz herankamen, um
den Jeep zur Seite zu heben, kletterte der Notarzt vorsichtig auf die
Motorhaube von Steves Wagen. Er bewegte sich langsam und gleichmäßig voran, bis
er vor der gerissenen Windschutzscheibe hockte. Dort beugte er sich vorsichtig
vor, quetschte den Arm dicht an den Felsen vorbei ins zersprungene Seitenfenster
und legte die Finger an Steves blutenden Hals.
„Der Junge ist tot!“, rief er zu den wartenden Männern
hinüber.
„Und das Mädchen?“, fragte der Sanitäter, worauf der
Notarzt seinen Arm aus dem Fenster zog und sich abermals langsam über die
Motorhaube bewegte. Als er an der linken Autoseite angelangt war, hielten die
Feuerwehrmänner mit ihrer Arbeit inne, sodass er auch dort seinen Arm durch das
Seitenfenster strecken konnte. Mit angespanntem Arm legte er die Finger an
Joans Hals.
„Sie lebt!“, rief er. „Aber ihr Puls ist kaum
noch zu spüren.“
Von da an arbeiteten die Feuerwehrmänner zügig, doch mit größter
Vorsicht, um Joan nicht noch mehr zu verletzen. Nachdem man den toten Mann aus
dem Jeep geborgen hatte, trennten die Männer der Feuerwehr das Gewirr der
beiden Autos und hoben mit Hilfe der Greifarme des Rettungskrans den Jeep
einige Meter zur Seite. Daraufhin legte einer der Feuerwehrmän-ner eine Decke
über die Reste des zersplitterten Seitenfensters, sodass sich der Notarzt nicht
selbst die Arme aufschnitt, während er sich durch das Fenster ins Innere des
Wagens lehnte und seine Patientin mit einer Infusion versorgte. „Beeilt
euch, sonst stirbt mir das Mädchen hier weg!“
Die Feuerwehrmänner taten was in ihrer Verfügung stand, dennoch
vergingen weitere zwanzig Minuten, ehe sie das Dach vollständig abgetrennt und
die Seitentür herausgeschnitten hatten. Danach kam der schlimmste Teil; die Befreiung
von Joans eingeklemmten Beinen.
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