Samstag, 12. Dezember 2015

Hot Chocolate - Love [Leseprobe] Charlotte Taylor


»Können wir dann mal?« Ava trommelte ungeduldig mit den Fingern auf den Empfangstresen der schicken Privatstation der Orthopädie und sah zum wiederholten Mal auf die Uhr. Sie hatte die undankbare Aufgabe übernommen, ihren Cousin Daniel King nach dessen Schulter-OP ins Reha-Zentrum zu fahren. Doch der hing noch an seinem Telefon und flirtete mit Lisa:
»Wir sehen uns am Wochenende, ganz bestimmt«, flötete er in sein Smartphone und signalisierte seiner Cousine mit einem Schulterzucken, dass er gegen die Naturgewalt am anderen Ende der Leitung auch nichts ausrichten konnte. »Das hatten wir doch schon mehrfach. Es wäre einfach nicht gut, wenn mich die Reportermeute mit dir ablichten würde. Glaub mir, diese Form von Publicity brauchen weder du noch ich.« Er rollte mit den Augen. »Ja klar ist Ava auch eine Frau – aber sie ist meine Cousine. Das zählt nicht und ist total safe!«
»Wenn ich noch länger warten muss, kannst du dir einen anderen Deppen suchen, der deinen prominenten, aber lädierten Basketballer-Astralleib durch die Gegend karrt«, rief Ava dazwischen. »Ich muss um acht Uhr zum Dienst in der Notaufnahme erscheinen, und wenn wir nicht bald losfahren, wird das verdammt knapp.«
»Ach, nichts weiter, das ist nur Ava, die rumzickt.« Dan telefonierte unbeirrt weiter. »Ich melde mich einfach nachher bei dir, Baby. Und dann planen wir unser Wochenende. Mein Physio hier in der Klinik hat gesagt, dass ich dann wieder halbwegs einsatzfähig sein müsste. Allerdings nur, wenn du oben bist. Abstützen kann ich mich nämlich noch nicht«, schnurrte er provozierend ins Telefon.
Ava sah aus, als müsse sie sich im nächsten Augenblick übergeben.
»Ich muss jetzt wirklich los, sonst rastet deine Mitbewohnerin noch völlig aus. Bis später, Baby.« Dan beendete seinen Anruf und grinste dann seine Cousine an. »Können wir endlich?«
»Habe ich schon mal erwähnt, dass ich dich hasse?«
»Heute noch nicht.«
»Dann setze jetzt endlich deinen hübschen Sportlerarsch in Bewegung, damit wir hier wegkommen«, seufzte sie genervt. »Oder muss ich dich doch in einen Rollstuhl packen?«
»Mach dich mal locker, Cousinchen.« Dan setzte sich seine Sonnenbrille auf, legte Ava seinen gesunden linken Arm um die Schulter und schob sie in Richtung Ausgang. »Ich bin wirklich sehr froh, dass du mich zur Reha bringst«, raunte er ihr versöhnlich ins Ohr, als vor der Klinik die ersten Kameras klickten, und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. Dann winkte er einmal lässig in die aufgeregt klackernden Linsen und beantwortete die Frage eines Reporters, der sich hektisch nach seinem Befinden erkundigt hatte, mit einem entspannten »Ich bin so gut wie neu!«.
»O Mann, man könnte meinen, du seist berühmt«, murmelte Ava sarkastisch, als sie endlich in ihrem kleinen roten Alfa-Cabrio saßen und sie sich vorsichtig durch die Fotografen-Menge schlängelte. »Haben die nichts Besseres zu tun?«
»Ich werde wie vorgesehen im Spätsommer meinen neuen Vertrag in München aufnehmen können«, rief er dem Journalisten noch zu. »Die Heilung läuft wie geplant.«
»Offenbar nicht«, beantwortete Ava ihre Frage selbst und fädelte sich kopfschüttelnd in den Verkehr ein.
Neben ihr stieß Daniel erschöpft und hörbar Luft aus. Sein selbstsicheres Grinsen war aus seinem Gesicht verschwunden und machte einem schmerzverzerrten Ausdruck Platz. »Ich hasse es wirklich!«, bemerkte er.
»Hast du Schmerzen?«, erkundigte sich Ava. »Ich habe Ibuprofen im Handschuhfach.«
»Habe schon Schlimmeres durchgemacht«, behauptete er. Vor sieben Monaten war er von einem Auto angefahren worden und hatte einen komplizierten Trümmerbruch an der rechten Schulter erlitten. Ein Alptraum für einen Basketball-Profi. Der Bruch war mit mehreren Platten und Schrauben fixiert worden, die vor einer Woche hier in Los Angeles entfernt worden waren. Jetzt standen noch weitere Rehabilitationsmaßnahmen an, ehe er in paar Wochen zu seinem neuen Verein nach Deutschland reisen würde, um dort endlich wieder seinem Job nachzugehen: Basketball zu spielen. Im direkten Vergleich dazu, wie es sich damals angefühlt hatte, waren seine aktuellen Schmerzen wirklich übersichtlich, aber richtig erquicklich war es nicht. Zumal das kleine Auto für seinen gut zwei Meter langen Körper ziemlich unbequem war.
»Du wolltest partout mit meinem Auto fahren«, bemerkte Ava, die sein unbehagliches Hin-und-her-Gerutsche aus den Augenwinkeln wahrnahm. »Wir hätten doch auch eine Limousine mieten können. Oder du hättest dich von deinem Manager fahren lassen können. Oder ...«
»Keine Vorträge bitte«, unterbrach er sie. »Es ist alles gut bei mir und ich hatte meine Gründe, warum ich mit dir und deinem kleinen Auto fahren wollte.« Welche das genau waren, erklärte er jedoch auch diesmal nicht.
Ava zuckte mit den Schultern. »Nimm eine Ibu und versuche dich zu entspannen. Die Fahrt dauert bestimmt noch eine Stunde.«

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen